Wie der Herr so`s Gescherr

Das kann doch wohl nicht wahr sein. Nein! Ich bin niemals so, wie meine Hunde. Außerdem sind die Beiden grundverschieden. Also, was soll das? Woher kommt dieser Spruch? Wer denkt sich nur so etwas aus? 

Lt. Wikipedia geht das Sprichwort vermutlich auf den Satz: "Wie der Herr, so auch der Sklave" zurück. Es gab auch ein ähnliches griechisches Sprichwort, das, "Wie die Herrin, so die Hündin" lautet. 

Meine Hunde sollen also genau so sein wie ich. Das macht mir Kopfzerbrechen.

 

Mein Beagle, 12 Jahre alt, ist stur wie ein Esel. Er wartet stets auf den richtigen Moment, ganz entspannt, um dann blitzschnell zuzuschlagen. Er klaut meinen Gästen sogar den Keks aus der Hand, wenn sie nicht aufpassen. Er schläft viel, wird aber geschwind wach, sobald etwas raschelt. Sein Freiheitsdrang ist enorm, was natürlich auch in der Rasse liegt. Er ist mein erster Hund und hat mich schon sehr viel gelehrt. Irgendwie hat er auch autistische Züge. Zum Beispiel hat er sich noch nie gefreut, wenn ich nach Hause komme. Er schlägt noch nicht einmal die Augen auf. Es sei denn, ich komme mit etwas Fressbarem. Nichts und niemand kann ihn aus der Ruhe bringen. Es scheint, als ob er seine Kräfte aufspart. Dann wird er plötzlich hellwach, wenn der gedeckte Tisch auch nur für eine Sekunde unbeobachtet ist, oder wenn er ein klitzekleines Loch im Zaun findet. Blitzschnell startet er dann durch. Sonst hält er nicht viel von Bewegung. Er ist faul und phlegmatisch. Er schläft und würde noch nicht einmal die Augen öffnen, wenn 10 Einbrecher laut schreiend durch die Wohnung rasen. 

Meine Labradorhündin ist ein Sensibelchen und äußerst schreckhaft. Ein Mimöschen, der schon ein kurzer strenger Blick reicht, um am liebsten sofort im Boden zu versinken. Sie ist sehr agil, lustig und freut sich über alles und jeden. Nie würde sie etwas Verbotenes tun und ich kann mich zu 100 Prozent auf sie verlassen. 

Ja, bei ihr sage ich gern, dass der Spruch wahr ist. Sogar in ihrer Schreckhaftigkeit und Sensibilität finde ich mich wieder. Wie der Herr, so`s Gescherr. Hier stimmt das eindeutig. 

Aber was mache ich jetzt mit dem Beagle? Seine Charaktermerkmale spiegeln meine wider? 

Vielleicht schlummert ja ein kleiner Teil von mir und träumt von soviel geistiger Stärke und Selbstbewusstsein? Wenn ich ehrlich bin, würde ich gern so gelassen sein, wie er. Ich würde es toll finden, wenn ich manche Situation einfach ignorieren könnte und weiterschlafen. Gern würde ich mir nicht ständig das Hirn zermartern, wenn andere schlecht über mich reden und lästern. Das wäre wirklich toll! 

Den rassetypischen Freiheitsdrang kann ich für mich unterschreiben, ebenso wie die Selbstständigkeit. 

Phlegmatisch und faul sehe ich mich nicht; aber vielleicht sollte ich davon einmal etwas übernehmen und mehr Pausen einbauen. 

Wenn ich also so richtig darüber nachdenke, könnte ich Kumpel Beagle als Vorbild nehmen. Natürlich nicht wörtlich und auch nicht so übertrieben. 

Unter diesem Aspekt macht auch der Spruch Sinn: "Jeder bekommt den Hund, den er verdient".

 

Wort Power Marion Lindhof Texte nach Maß mit www.wort-power.de

Marion Lindhof